Die Bundesregierung hat am 2. September 2020 den Kabinettsentwurf für das Jahressteuergesetz 2020 beschlossen. Der Bundesrat hat am 9. Oktober 2020 zu dem Entwurf Stellung genommen. Verabschiedet hat er das Gesetz noch nicht. Im Entwurf für das Jahressteuergesetz sind auch umfangreiche Änderungen im Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz enthalten.
Im Wesentlichen handelt es sich dabei um folgende Änderungen:
Höhe der steuerfreien Zugewinnausgleichsforderung, § 5 Abs. 1 ErbStG-E
§ 5 Absatz 1 ErbStG gewährt im Falle des Todes eines Ehegatten oder Lebenspartners dem überlebenden Ehegatten oder Lebenspartner eine Steuerbefreiung in Höhe der Ausgleichsforderung, die er als Zugewinnausgleich nach § 1371 Abs. 2 BGB hätte geltend machen können, wenn er nicht Erbe geworden wäre und ihm auch kein Vermächtnis zustünde.
Aus Sicht der Bundesregierung bewirkt die aktuelle Fassung des § 5 Abs. 1 ErbStG eine nicht gerechtfertigte Doppelbegünstigung des überlebenden Ehegatten oder Lebenspartners. Diese Mehrfachbegünstigung folgt aus dem Umstand, dass der Zugewinn und die daraus hergeleitete Ausgleichsforderung nach den bürgerlich-rechtlich maßgebenden Verkehrswerten des Anfangs- und Endvermögens ermittelt wird und dabei nicht berücksichtigt wird, ob für das maßgebende Endvermögen, zu dem auch das im Nachlass vorhandene Vermögen gehört, Steuerbefreiungen gewährt werden. Im Gegensatz dazu kann der erbschaftsteuerrechtlich maßgebende Wert des erworbenen Nachlassvermögens wegen der Anwendung von Befreiungsvorschriften in erheblichem Umfang gemindert sein.
Um eine Doppelbegünstigung auszuschließen, soll durch einen neuen Satz 6 die abzugsfähige fiktive Ausgleichsforderung gemindert werden. Hierfür wird das Verhältnis zwischen dem um die Steuerbefreiungen geminderten Werts des Endvermögens zum Wert des Endvermögens zugrunde gelegt.
Kürzung des Schuldenabzugs, wenn ein wirtschaftlicher Zusammenhang mit steuerbefreitem Vermögen vorliegt, § 10 Abs. 6 ErbStG-E
Nach dem geltenden § 10 Abs. 6 ErbStG sind Schulden und Lasten nicht abzugsfähig, soweit sie in wirtschaftlichem Zusammenhang mit Vermögensgegenständen stehen, die ganz oder teilweise von der Erbschaft- und Schenkungsteuer befreit sind. Um einen ungerechtfertigten steuerlichen Vorteil durch den unbegrenzten Abzug von Schulden und Lasten zu vermeiden, sollen nach § 10 Abs. 6 Satz 5 bis 10 ErbStG Schulden und Lasten anteilig gekürzt werden, die nicht in einem wirtschaftlichen Zusammenhang mit einzelnen Vermögensgegenständen stehen.
Steuererstattungsansprüche des Erblassers als steuerpflichtiger Erwerb, § 10 Absatz 1 Satz 3 ErbStG-E
Die geplante Änderung führt zur steuerlichen Gleichbehandlung von Steuererstattungsansprüchen und Steuerschulden, die das Todesjahr des Erblassers betreffen. Künftig sind gleichermaßen die das Todesjahr des Erblassers betreffenden Steuererstattungsansprüche anzusetzen und die Steuerschulden abzuziehen.
Berücksichtigung früherer Erwerbe, § 14 Abs. 2 ErbStG-E
Mehrere innerhalb von 10 Jahren von derselben Person anfallende Erwerbe sind bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer gemäß § 14 ErbStG des jeweils letzten Erwerbs im 10-Jahreszeitraum mit diesem letzten Erwerb zusammenzurechnen.
Durch § 14 Abs. 2 Satz 1 ErbStG soll nun für den Fall, dass die Steuerfestsetzung für einen Vorerwerb auf Grund eines rückwirkenden Ereignisses im Sinne des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO geändert wird, eine Änderungsmöglichkeit zur Korrektur einer Steuerfestsetzung für den nachfolgenden Erwerb geschaffen werden. Durch einen neuen Satz 2 soll sichergestellt werden, dass auch der erstmalige Erlass, die Änderung und die Aufhebung einer Steuerfestsetzung für einen Vorerwerb als rückwirkendes Ereignis für die Steuerfestsetzung des nachfolgenden Erwerbs gelten und in solchen Fällen die Steuerfestsetzung für den Nacherwerb zutreffend geändert werden kann.
Die geplanten Änderungen im Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz durch das Jahressteuergesetz 2020 sollten bereits jetzt berücksichtigt werden.
So kann beispielsweise die geplante Verschärfung zur Höhe der steuerfreien Zugewinnausgleichsforderung durch einfache Maßnahmen umgangen werden. Die nach neuem Recht vorzunehmende Kürzung der Zugewinnausgleichsforderung greift nur im Erbfall ein. Für den lebzeitigen Ausgleich des Zugewinns unter den Ehegatten findet die Neuregelung hingegen keine Anwendung. So gewinnt die sogenannte „Güterstandsschaukel“ zu Lebzeiten für die vorausschauende Steuergestaltung an Attraktivität.