Revision beim Bundesfinanzhof anhängig: Erfordert der erbschaftsteuerliche Begünstigungstransfer eine Erbauseinandersetzung innerhalb von sechs Monaten?

Das Finanzgericht Düsseldorf hat in seinem Urteil vom 21. April 2021 (Az. 4 K 1154/20 Erb) entschieden, dass die Erbschaftsteuerbegünstigungen, wie zum Beispiel für den Erwerb von Betriebsvermögen oder eines Familienheims, zwischen Miterben übergehen können, wenn im Rahmen der Nachlassteilung begünstigtes Vermögen übertragen wird.

Die Finanzverwaltung vertritt die Auffassung, dass dieser Begünstigungstransfer voraussetzt, dass die Erbauseinandersetzung innerhalb von sechs Monaten nach dem Erbfall erfolgt. Für den Fall, dass die Erbauseinandersetzung nicht innerhalb dieser Frist erfolgt, soll dies nicht möglich sein.

Das Urteil des Finanzgerichts widerspricht der Auffassung der Finanzverwaltung und stellt fest, dass auch nach einem Zeitablauf von drei Jahren ein Übergang der Erbschaftsteuerbegünstigungen möglich ist. Das Gesetz kenne keine Frist, innerhalb derer die Erbauseinandersetzung zu erfolgen habe.

Die steuerlichen Wirkungen dieser Entscheidung sind nicht zu unterschätzen. Dies soll an folgendem Beispiel veranschaulicht werden:

Das Familienheim ist unter bestimmten Voraussetzungen vollständig von der Erbschaftsteuer befreit. Eine Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung ist, dass der Erbe das Familienheim nach dem Erbfall zu eigenen Wohnzwecken nutzt. Für den Fall, dass der Erblasser das Familienheim beispielsweise mit seiner Ehefrau bewohnte, dieses aber nicht an die Ehefrau, sondern an eine Erbengemeinschaft fällt, an der zwei bereits ausgezogene Kinder beteiligt sind, so bleibt die Steuerbefreiung grundsätzlich in Höhe der Erbquote der nicht mehr in dem Familienheim wohnenden Kinder versagt. Würde die Ehefrau das Familienheim im Rahmen einer nach drei Jahren stattfindenden Erbauseinandersetzung vollständig übertragen bekommen, würde die Finanzverwaltung weiterhin die Steuerbefreiung in Höhe der Erbquote der Kinder versagen. Gemäß der Entscheidung des Finanzgerichts Düsseldorf wäre das Familienheim in diesem Fall jedoch in voller Höhe steuerfrei. Die Entscheidung des Finanzgerichts Düsseldorf ist noch nicht rechtskräftig. Die vom Finanzgericht zugelassene Revision wurde eingelegt und ist beim Bundesfinanzhof unter dem Az. II R 12/21 anhängig. Erbschaftsteuerverfahren können somit mit Verweis auf das Revisionsverfahren beim Bundesfinanzhof offengehalten werden.